Klein.Laut.Folgen
Sonntag, 5. Juli 2015
Und wenn ich könnt ...
... flog ich davon. Mit meinen Flügeln aus Beton. Oh ja.

Tage im Rausch. Im Input-Rausch. Hilfe, anhalten. Wo ist mein Spiegel?

Ich verbringe meine Tage bis heut morgen halb sieben in meiner Heimat. Tage voll von trauernden Menschen. Sie trauern auf völlig andere Weise als ich. Ich beobachte und doch zerrt es an mir. Mit jedem Blick in die Augen der anderen fehlt mir ein Konsens. Fehlt mir ein Spiegel, der die Dinge ähnlich sieht, wie ich sie sehe. Ich fühle mich die gesamte Zeit über ohnmächtig, nahezu handlungsunfähig. Ich weiß, dass jeder seinen Weg geht - meine Familie tendenziell eher weg von den eigenen Gefühlen, hin zu den scheinbar-gedeuteten Gefühlen und Bedürfnissen ihres Gegenübers. Mit dem Blick auf Opa, Iri, die Jungs, Mum, Dad und das Schwesterherz merke ich wiedereinmal, wie verschieden wir allesamt sind. Alle anderen finden zumindest ein wenig konsens - ich schwimme. Ich kann nicht helfen, weil sich jeder nur selbst helfen kann. Und doch wird es von mir erwartet. Unverständlich gucken mich die Augen an, wenn ich kommuniziere, dass ich nochmal in die große Stadt zurückkehre und eben nicht die gesamten Tage dableibe. Unverständnis auch, wenn ich nicht zu tiefst emotional und weinend durch die Gegend laufe. Missverständnisse. Ich beiße mir die gesamte Zeit auf meine Zunge. Ein Klos im Hals lässt mich kaum atmen. Ich setze mich aufs Rad, fahre an den See, in dem Oma gestorben ist. Halte inne - meditiere so gut es geht. Die Wolkenberge ziehen durch die so wunderschöne Elbtalaue. Wetterleuchten am Horizont. Eine Kerze die brennt und uns dann doch auch schöne gemeinsame Familienmomente des Abschiednehmens bescherrt. Die Beerdigung steht nun noch immer bevor. Morgen fahre ich nach der Frühschicht wieder in die Heimat. Dieses Mal hoffentlich ohne 4,5 Stunden zu brauchen, weil die DB mal wieder Baustellen ohne Ende abarbeitet. Heut putze ich mir meine Seele rein, kümmere mich um meinen Juli-Plan. Auch dieser ist grundsätzlich sehr sehr eng gesteckt. Mit arbeiten und Stunden sammeln, um im August während der Ferienspiele ein wenig von dem Geld zehren zu können, und mit Zugbuchungen für das Rügenfestival und Leipzig, die Feststellung, dass nahezu jeder Tag in den nächsten 7-8 Woche eigentlich einen To-Do-Punkt hat. Huijuijui. Es sieht vielleicht auch einfach mehr aus als es ist. Wirkt gerade jetzt so viel, dass es kaum zu bewältigen scheint. Dazu habe ich Herzmenschensehnsucht. Die Mädels habe ich lang nicht gesehen, die Jungs auch nicht, den Herzbruder nicht, den kleine Bruder ind Leipzig nicht. Lichtblicke schenkt mir der Rückkehrer, der ungefragt und mit viel viel Ruhe einfach da ist, ansprechbar ist und mich sehen kann. Der mich mit Küssen und entspannt sein immer wieder zum lächeln bringt. Schön, dass dieser wunderbare MEnsch, wieder in dieser Stadt ist - noch immer zehre ich von seiner Rückkehr in der letzten Woche bevor der ganze Trubel losging. Dankbar bin ich für meine Herzmenschen-Anker-Punkte, weil ich weiß und vertraue, mir ihrer Gedanken bewusst bin, sie nicht zerren und verstehen, mich ab und an SMS erreichen die tiefe Zuneigung offenbaren, die ihre Erwartungshaltungen an mich abgebaut haben, mich in meinem Weg bestätigen. Eigentlich schäme ich mich ein wenig, so sehr bei mir und meinem WirrWarr zu sein - eine so herausfordernde Situation Vertrauen in mich selbst zu haben, auch wenn ein enges Familienmitglied die Welt verlässt, eben nicht mitzulaufen im "So-Muss-Es-SEin"-Wahn, sondern mehr oder weniger achtsam in mich hineinzulauschen, meiner Intuition zu vertrauen, auf meinen Bauch, meine Herzstimme zu hören.

https://www.youtube.com/watch?v=DUJOrVBSKdY&index=1&list=PL6872616AA816095F

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