Klein.Laut.Folgen |
Samstag, 28. April 2018
Da ist eine ...
kleinlautfolgen, 12:59h
... Fernbedienung in mir. Das Fernsehprogramm ist mein Leben. All zu oft werden die jeweiligen Sender samt zugehörigem Videotext aber nicht von mir ausgesucht. In meinem Unterbewusstsein drückt noch immer meine Mutter die Knöpfe, sind meine alten Programme aktiv. Manchmal gefällt mir, was ich dann sehe und erlebe, manchmal fühle ich tiefes Unbehagen, wenn die nächste Sendung, das nächste Programm scheinbar unverhofft und nicht vereinbart - weil außerhalb meines geplanten und gefühlten Sendeplanes - angeknipst wird. Um nicht nur Dramen, Krisen, Raubbaudokumentationen, Zerstörungsszenarien und schwarz-weiß Bilder zu sehen und zu erfahren, muss ich der Regisseur bleiben. Den Sendeplan selbst schreiben.
Dies ist ein enorm schweres und herausforderndes Unterfangen, braucht es doch meine gesamte Achtsamkeit, mein vollkommenes Selbst-Bewusstsein. In Wochen, in denen ich meiner alten Sucht (zu) "viel zu machen, erledigen, angehen, tun" fröne, ist es dann nicht mehr umzusetzen. Das fühle und spüre ich ganz klar und deutlich. Dann suche ich meine Entspannungsmomente im Glas Wein, im nächsten Joint, im nicht Feierabend machen, im weiter laufen. Meine morgendlichen Achtsamkeits-Minuten offenbaren dann ein riesiges Knäuel an Gedanken, die unsinnig umherwuseln und das schon halb acht am Morgen. Die geträumten Träume, in denen ich Menschen erschieße, alte Modderlöcher durchwühle und meine gesamten Beziehungen Revue passieren lasse, kann ich dann schon gar nicht anschauen und würdigen. Der Plan in Ruhe und ohne Ballast aus der Nacht in den Tag zu starten, funktioniert nur so lange, wie ich auch genug geschlafen habe. Pünktlich ins Bett gekommen bin, genug Zeit am Abend hatte um runterzukommen, bevor ich mich meinem Buch widme. Kein schweres Essen, das meinen Körper nicht ruhen lässt und viel Energie für die bloße Verdauung fordert. Im selben Atemzug bahnt sich meine Ruhebedürfnis seinen Weg nach oben. Dann geht gar nichts mehr, außer konsequenter Rückzug. Dann bin ich trotz 12 Stunden Schlaf tief erschöpft. Stehe schon mit einem niedrigen Energielevel auf. Und jedes Mal weiß ich, ach Mensch, da biste wohl wieder ne Biegung gelaufen, eine Runde im Kreis, wieder an der selben Ausgangsposition auf meinem Weg. Die Programme in mir anzusehen tut oft sehr weh. Ich sitze bei meiner Therapeutin und weine häufig schon nach den ersten Minuten des Gespräches. Vor lauter Erleichterung. In jeder Stunde, die ich dort sitze und einfach zu spreche, erzähle, mein Geschichte(n) zum besten gebe, werde ich mir bewusster. Bewusster über meine fest verankerten Normen und Werte und Vorstellungen und Erzählweisen. Narrative, die ich mir selbst andichte, andere Erzählstränge die einfach irgendwo im Nichts enden, Anfang und Ende unklar. Ich entdecke Steine auf meinem Weg, Löcher, Abgründe, Klippen und fange noch einmal neu an darüber zu reflektieren, was von all dem heute und jetzt gerade noch zu mir passt. Dazugehören tut alles, aber ich darf noch einmal neu entscheiden, wer Protagonist meinen Erzählungen ist, wie die Dinge und Personen mit einander in Beziehung stehen, welche Rollen eingenommen wurden. Mein tatsächlich neuer Blick fördert zugleich eine Traurigkeit zu Tage. Darüber wie ich mit mir und auch mit anderen in den vergangenen Jahre umgegangen bin. Was ich habe gelten lassen, was nicht. Wer gehen musste, wer blieb. Vieles schien mir schon immer klar, habe ich schon vor vielen Jahren sehr ähnlich formuliert, doch zum ersten Mal kann ich die Worte auch fühlen. Ich weiß nun besser, was ich mit vielen Sätzen in der Vergangenheit sagen oder ausdrücken wollte. Auch hier in diesem Blog. Die große Stadt erblüht ganz nebenbei. Eine Hau Ruck Aktion mit tollem Ergebnis. Alles ist wieder grün, der Müll und das Grau der Wände verschwinden hinter Fliederblüten und Weidenkätzchen. Die Kräuter sprießen, die Vögel zwitschern. Jeden Tag begebe ich mich nach draußen und genieße die klare Luft, das aufgeregte Tummeln, das Leben. Die Samen auf meinem Balkon sprießen, der Bärlauch ruft mich ganz laut. https://www.youtube.com/watch?v=cy9DiOtSzMg ... comment |
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