Klein.Laut.Folgen
Freitag, 13. Dezember 2013
Ich bin alleine ...
... im Büro. Und neben liegengebliebenem Zeugs komme ich heute dazu ordentlich durchzuatmen. Diese Tage ohne Menschen sind gold wert. Sie befähigen mich in Teilen dazu, über Dinge, Menschen, mich und mein Leben nachzudenken, zu reflektieren.

Die Tage sind derzeit lang und kurz zu gleich. Es passiert viel, ich gestalte und schaffe. Ich habe das Gefühl die Wochen vergehen immer wieder wie im Flug. Und trotz diesem Gefühl gibt es Momente in denen ich inne halte. Das Ofenfeuer im neuen Heim betrachte, ein gutes Buch, einen guten Aufsatz lese, die Dinge sacken lasse. Gestern Abend bin ich eine Runde durch den Nebel gewandert - "Ich liebe diese Waschküchenatmosphäre; eine Mischung aus Dunst und Klarheit." (Zitat von einem Herzmenschen)
Die Stadt lag ruhig vor mir, wenige Menschen begegneten mir auf meinem Weg, der Mond schimmerte noch ein wenig durch die Wolken. Ich mittendrin, denkend und zugleich genießend. Ich erlebe es als spannend, wie sich zwischenmenschliche Beziehungen immer wieder wandeln, neu verorten, andere Bezugspunkte finden. Dies auszuhalten und für Neues/Anderes offen zu bleiben, erachte ich als eine große Herausforderung. Eigene Schubladen zu öffnen, mein Gegenüber sich selbst zu überlassen, mich an seinem Sein und seinen Wegen zu erfreuen ohne Angst zu haben, dass sich die Wege trennen und selbst wenn sie sich trennen (dieses Wort ist leider immer negativ konnotiert) achtsam loszulassen, zu beobachten - mich selbst und die anderen. Spannend.

Ich habe meinen Studierenden heute vorgelebt und erklärt, dass eine konstruktivistische Perspektive auf Wissenschaft vor allem einen geschärften Blick auf das eigene Leben ermöglicht. Dekonstruktion muss nicht zwangsläufig in dem "ich verliere den Boden unter den Füßen-Syndrom" enden; mir ermöglicht diese Perspektive auch immer wieder eine Konstruktion meines Selbst. Der Konstruktivismus (auch wenn es "den" nicht, sondern nur die Rede von dem Konzept gibt) verlangt nach einer anderen Funktion von Wissenschaft, nach einem grundlegend überdachten Wissenschaftsverständnis - niemand kann Antworten und Erklärungen liefern, außer man selbst. Ganz für sich allein. Wir kommen allein auf die Welt und sterben allein; diesen Umstand als Segen und nicht als Fluch zu betrachten sehe ich ebenfalls als spannende Herausforderung an.

Gut, ich freue mich auf meinen Geburtstag im neuen Heim, samt Ofen, Abgeschiedenheit und Ruhe.

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