Klein.Laut.Folgen
Mittwoch, 3. Dezember 2014
Ein Anruf ...
... ich höre Deine Stimme. Alles zieht sich zusammen. Ich spüre die Kühle deiner Worte. Ich kann dich in deiner Rolle vor mir sehen. Ich weiß, du brauchst sie gerade so. Und trotzdem tut es mir unendlich weh, dich so zu hören, dir so fern zu sein. Termine, Absprachen - eine Wohnung renovieren ist doch nichts großes, schnell gemacht, zumindest von dir, Decken streichen auch ohne Leiter - hey das machst du natürlich mit links, tapezieren ohne Leiter, na klar auch das kein Problem. Du kannst alles, du machst alles, schnell und effektiv, du bist halt du, hast alles unter Kontrolle, lässt gerade keine Schwäche zu. Kündigst mir an, das du verschwindest - ich werde die Wohnung auch übergeben. Nein, es ist mir nicht zu viel, nein es geht. Allerdings denke ich dabei vor allem an dich, will dich nicht hängen lassen. Du spiegelst mich in dieser Rolle - so ungemein. Ich mag sie für mich nicht haben, mag Unsicherheit zulassen können, mag mir und dir nah sein. Du wirst es nicht zulassen können, du musst auf den anderen Zug aufsteigen, das trifft mich, tut mir weh, schmerzt, ich habe tiefes Mitgefühl - mit mir, mit dir. Der Bauch dreht Kreise, ich kann nicht antworten, kann dir nur organisatorische Antworten geben, kann nur in einem reservierten Tonfall mit dir sprechen, weil ich so geschockt bin - von dem Moment, von diesem Moment der Wahrheit. Außen und Innen. Das Außen bedient Ängst im Innen, lässt eine Schublade scheinbar zugehen. Ich möchte dich im nachhinein gerade schütteln, dir sagen LEUCHTE, LEBE, LIEBE, hab VERTRAUEN. Mir sind die Hände gebunden, kann nicht reagieren. Außer abnicken und dich gehen lassen. Puh.

Optimistin wie ich bin, schaue ich nach vorn, ohne den Schmerz zu verdrängen. Ich streiche diese Bude, übergebe sie und bup, ist auch dieses Ding erledigt. Es wird alles gut, es ist richtig, ich bin gut so, wie ich bin. Ich werde Dir all das auch nocheinmal schreiben, und wenn es nur in Gedanken ist. Du bist meine Herausforderung im Außen - ich bleibe bei all dem Positiven, bei all den schönen Momenten, die ich mit dir teilen durfte. Ich verurteile dich nicht - wünsche dir von Herzen aber nur das Beste dieser Welt. Vom tiefen Grund meines Herzens, mit allem was ich habe. Geh, genieß Toronto, empfinde Glück, nimm Abschied, auch von der kontrollierten "Ich-kann-alles"-Rolle...

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Zeilen des Tages ...
... heut keine Musik, sondern ein schönes Gedicht, dass ich im Adventskalender entdeckt habe:

Es gibt Dich (von Hilde Domin)

Dein Ort ist
wo Augen Dich ansehn
Wo sich die Augen treffen
entstehst Du

Von einem Ruf gehalten
immer die gleiche Stimme,
es scheint nur eine zu geben
mit der alle rufen

Du fielest
aber du fällst nicht
Augen fangen Dich auf

Es gibt dich
weil Augen dich wollen
dich ansehn und sagen
dass es dich gibt.

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