Klein.Laut.Folgen
Samstag, 11. Mai 2019
Die große Stadt ...
… und ich.

Das sind wohl eher leise Momente stelle ich gerade auf meinem Rad fest. Es sind Momente, wenn ich bei wenig Menschenaufkommen an einem der Gewässer entlangradle, wenn der Mond oder die Sonne sich im Wasser spiegeln. Es sind Momente mit einem Bier in der Hand - Spätis gehören eben in jedes Dorf. Es sind Momente wenn ich in meinem Garten gewütet habe, um mich krampfhaft zurück auf die Erde zu holen, es sind WG-Momente und Momente mit Hinterhofgeräusche in allen Farben. Es sind Momente, wenn ich am Sternenhimmel nur den Großen Wagen entdecken kann, mich aber sehr freue ihn zu sehen. Es sind Schlendermomente, Zitronenfalter und Entenküken entdecken. Es sind unheimlich viele Momente mit gutem Essen, mit Imbissen in deren Gerichte wahlweise auch Mitarbeiter ich mich immer neu verliebt habe. Es sind Konzertmomente, wie heute Abend - die Chance eigentlich immer wundervolle Musik genießen zu können und es dann doch nicht immer zu tun, weil die Energie im Publikum einfach nur bedingt passt. Alle sind hier so gesättigt, da gibt es kaum Besonderheiten und das habe ich oft gespürt. Es sind Gastromomente und Arbeitsmomente; wahlweise im Büro, wahlweise mit strahlenden Kids - die sind überall toll. Es sind Momente auf meinem Rad, immer wieder auf dem Rad - Ausblicke suchen und finden, Kräuter suchen und finden, Streuobst und Sanddorn suchen und finden. Jede Ampelschaltung auf den täglichen wegen in und auswendig zu kennen, jeden Bordstein zu erahnen, stets in Hab-Acht-Stellung, falls eine Autotür aufgehen sollte; im Regen, im Sonnenschein, im Schnee. Definitiv habe ich diese riesengroße Stadt mit dem Bike erkundet - erst das alte Mountainbike, dann Superklasse, nun das getapte Rennpferd. Es sind Momente mit knarzenden Dielen unter meinen nackten Füßen. Es sind unzählig viele Boulder- und Klettermomente. Das was hängen bleibt sind auch die Momente (die lauten und die leisen) mit wundervollen Menschen. Meist am Küchentisch, im Bett, im Sessel sitzend, durch die Parks oder über das Feld schlendernd, Falafel essen (die werden mir sehr fehlen). Es sind auch viele Momente in S- oder U-Bahn dabei und wenn ich auf Reisen war uns zurück gekommen bin, hat es sich immer wie nach Hause kommen angefühlt. Und das wird es auch immer sein; zumindest ein bisschen. Ja. Die große Stadt und ich, wir waren meist ganz leise und heimlich miteinander. Ganz selten hat es mich mal in einen Club verschlagen, wohl nie in eine Bar, ganz selten mal in eine Kneipe. Wenn ich nicht unbedingt musste, war ich gern erst nach 18 Uhr unterwegs - dann wurde es langsam menschenleer an der Plötze und ich konnte Ruhe finden. Es fühlt sich fast schon wie Vergangenheit an. Abgefahren. In den letzten Jahren habe ich so viel Zeit in meiner jeweiligen Wohnung verbracht. Ich kann ahnen warum. Es ist so viel da draußen, so unendlich viel - zu viel für mich, um es nur ansatzweise filtern zu können, um bei mir zu bleiben. Heute bestaune ich den Trubel wie aus einer Blase heraus. Nein ich habe nicht gekifft, nichts genommen - aber ich war Beobachterin. Wie so oft. Stille Beobachterin - mal mit Lächeln auf den Lippen, mal mit Tränen in den Augen. Ich habe immer gesagt: ich habe in der großen Stadt ein ruhiges Leben. Aber dafür musste ich richtig viel Kraft aufwenden, unheimlich viel tun. Das ist mir schon viele Monate klar. Und doch bleibt es Hass und Liebe zugleich, Abwehr und Teil-sein-Wollen aber irgendwie nie so richtig können. Und leise, möglichst leise.

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Das Leben ...
… ist ein wundervolles Spiel aus kommen und gehen, aus wachsen und verdorren, aus auf und ab, aus Licht und Schatten, aus willkommen heißen und Abschied nehmen. Immer wieder aufs Neue. Jeden Tag. Glücklich sein, die Augen am Morgen zu öffnen, am Abend hoffend, dass es auch am nächsten Morgen geschehen wird. Einzelne Tage, mehrere Monate, ein paar Jahre.
ich befinde mich mitten in meinen mal wieder Abschiedstagen. Mitten im Tschüss sagen zur großen Stadt. Zu meinen hart erkämpften Oasen, die gerade so wunderbar grün daher kommen. Ein tiefes Loslassen der letzten 4 1/2 Jahre. Unsagbar wichtige Jahre. Gespickt mit tollen Momenten, schmerzhaften Phasen und immer war mir klar es ist Zwischenstation. Ich wusste nicht, warum ich hier war - wusste nur, etwas hat mich hierher gezogen. Altvertrautes, Herzmenschen, mehr oder weniger bekanntes Fahrwasser, die Nähe zur Heimat, die Nähe zur Unizeit. Ich hätte damals nicht gewusst, woanders hin ich hätte gehen sollen. Das Erleben in dieser Stadt bleibt getragen von einer Hass-Liebe. Spiegelt mir täglich die Gegensätze in mir. Und dabei mag ich doch einfach nur in Ruhe dem Innen lauschen. Das schenke ich mir jetzt. Raus, weg, erstmal für ein Jahr. Rein in die Natur, den nächsten Schritt gehen. Abschied nehmen von Szenarien, die ich mir immer gewünscht habe, dass sie irgendwann einfach so von selbst eintreffen. Aber ich habe das Gefühl mich selbst zu verpassen, bei dem ewigen Warten, hier in meiner Hinterhofbutze. Das Leben ist Veränderung. Ich gebe mich ihm hin. Vertraue. Ich werde mich immer mit einem Lachen an meine Zeit hier erinnern. Und es braucht gerade auch noch etwas, um die letzten Tage und Wochen wirklich in mir ankommen zu lassen - ich merke, die Worte fehlen mir. Dankbarkeit durchflutet mich, die Liebe zu mir, ich spüre sie ganz tief. Und zu meinen Herzmenschen, weil ich weiß, dass sie Teil meines Lebens bleiben, egal wo ich bin, egal wo ich lebe.

Eine atemberaubende Hintergrundmusik zu meinem liebevollen Abschiednehmen liefert mir heute APPARAT:
https://www.youtube.com/watch?v=nn5UDpDIZgg

Ich gehe morgen zum Konzert und hoffe das die Yuppis der großen Stadt gehörige ihre Schnauzen halten, damit ich genießen kann.
Alles andere wird sich zeigen. Ich vertraue darauf.

Und immer wieder Hesse:

"Aber ich sage Ihnen: leben Sie sie, diese Träume, spielen Sie sie, bauen Sie ihnen Altäre! Es ist noch nicht das Vollkommene, aber es ist ein Weg. Ob wir einmal, Sie und ich und ein paar andere, die Welt erneuern werden, das wird sich zeigen. In uns drinnen aber müssen wir sie jeden Tag erneuern, sonst ist es nichts mit uns."
(Demian, S. 111)

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