Klein.Laut.Folgen
Donnerstag, 15. März 2018
So unendlich ...
... müde. So unendlich erschöpft. Genau das bin ich heute.
Erschöpft von einem Kampf, gegen das klein fühlen, gegen das klein gemacht und klein gehalten werden.
Der Kampf gegen die Stimmen, die mir sagen: du schaffst das nicht. Die anderen sind eh besser. Du musst anders sein. Du musst still sein. Du musst den Mund halten. Du musst dich fügen. Du musst helfen. Du bist verantwortlich. Du hast Schuld. Es dreht sich nicht immer alles nur um Dich. Anderen geht es viel schlechter. Du musst stark sein. Die Welt ist schlecht. Die anderen Menschen denken schlecht von Dir. Die anderen Menschen reden über Dich, zerreißen sich ihr Maul. Du kannst niemandem vertrauen. Es gibt keinen Grund zu weinen. Du bist allein. Du musst die Kontrolle behalten.
Ich bin erschöpft vom Kampf gegen die Stimme meiner Mutter.
Meine Mutter, die immer so präsent war in meinem Leben und nun auf einmal einfach von der Bildfläche verschwindet. Einfach so abhaut und völlig selbstgerecht ihren Wahnvorstellungen folgt. Die erzählt, ich hätte sie eingewiesen, will sie loswerden, will sie voll Drogen pumpen und ruhig stellen. Meine Mutter, die mir diese Stimmen eingeimpft hat und die ich trotzdem liebe. Ich war Ko-Abhängig von ihren Erzählungen, von ihrer Krankheit, mein ganzes Leben lang. Eine Familie, die alles tot schweigt und intuitiv habe ich immer so viel gefühlt. Habe immer mir die Schuld gegeben. Habe versucht so krampfhaft an mir und meiner Perspektive zu arbeiten, einen besseren Menschen aus mir zu machen, nur um weiter in Kontakt mit ihr stehen zu können, nur um meine Familie nicht ganz zu verlieren. Früh habe ich dann zu Alkohol und sonstigen Drogen gegriffen und diese innere Wahrheit zu betäuben. Ich wusste es die ganze verdammte Zeit, die ganzen letzten mindestens 2 Jahrzehnte. Irgendwann hab ich mir dann einfach die Seele aus dem Leib gekotzt, um mir sagen zu lassen: Du hast doch alles, warum machst Du das. Ich habe so vielen Menschen das Leben gerettet, so vielen Menschen das Leben zur Hölle gemacht, immer in der Hoffnung, dass mich irgendwann jemand mit dem Kopf in die Wahrheit drückt. Bin groß geworden in einer kranken Beziehung, habe verkümmertes Vertrauen und Wertschätzung erlebt, ich habe gesehen, das es leichter ist, sich zu flüchten, als Dinge anzusprechen, aufzudröseln und erst dann ggf. zu beenden. Habe mich so viele Male allein und ohnmächtig gefühlt, weil ich abhängig war von diesem Ding namens Familie. Und nun ist das Kartenhaus weggepustet. Ich bin nicht traurig drum. Nein, ich bin erleichtert. Und doch wird mir nun so vieles klar, es liegt alles so klar auf der Hand. Und ich bin wütend, wie viel ich nicht wusste, bin wütend auf die Familie, auf jeden einzelnen von ihnen. Wie hätte mein Lebensweg ausgesehen, wenn es anders gelaufen wäre. Hätte ich Musik gemacht, hätte ich mehr an mich geglaubt, mich weniger geflüchtet, hätte ich weniger für das Glück von anderen gelebt. ich weiß es nicht. Ich weiß nur, das es so sehr weh tut, das ich so sehr enttäuscht bin, mich selbst enttäuscht habe. Der Vorhang ist gelüftet, dahinter nur Schutt und Asche und Abgründe, ekelhafte Abgründe. So tief wie der tiefste Meeresgraben. Wie können Menschen so egoistisch an ihrer scheiß Geschichte festhalten und so viel Macht kreieren, das unschuldige Menschen dann die hingekotzte Suppe auslöffeln... Ihgitt ich empfinde Ekel. Und Erleichterung, das alles nun loszuwerden. Meine Mutter stellt sich nun gegen die einzigen beiden Menschen, die sie ihr Leben lang unterstützt haben, immer für sie da waren, sie immer aufgebaut haben - ihr Mut und Licht zugesprochen haben. gegen mich und mein Schwester. Sie geht, verkriecht sich in ihrem Leid. Nimmt die Therapie nicht an und lebt nun krankhaft ihrem eigenen Untergang entgegen. Ihrer Erzählung: mein Vater ist der Übeltäter für alles, danach bin ich dann die Übeltäterin und danach meine Schwester. Sie macht uns verantwortlich für das Leid das sie empfindet und schiebt jegliche Selbstfürsorge von sich. Die Erzählung hat ein Ende in einer dunklen kleinen Wohnung, in der sie allein sitzt ohne Kontakt zu uns, zu ihrem Enkelkind zu haben. Bis dahin will sie alles zerstören, die Konten sind schon leer geräumt. sie will alles zerstören, was an Fassade noch übrig ist, in der Hoffnung uns damit zu verletzen. und sie schafft es sogar ein Stück weit, schafft es mal wieder, dass ich mich klein und hilflos und verantwortlich fühle. Aber ich werde nicht zu kreuze kriechen, werde nie wieder um ihre Liebe betteln. Ich habe noch so viele Ressourcen, so viel Lebensmut und Kraft in ihr gesehen. Das was ich nun erlebe, konnte ich einfach nicht zulassen in meinem Kopf, in meinem Herzen. Es reißt mir den Boden unter den Füßen weg, ich weiß kaum noch wehr ich bin, was ist echt, was ist unecht? Was stimmt an meiner Lebensgeschichte und was nicht? Welchen Menschen in meiner Familie kann ich vertrauen? Wem nicht? Was macht mich aus und vor allem, wie viel von diesen Abgründen steckt auch in mir? Bisher konnte ich ganz nüchtern und in der Distanz über die erlebten Momente und Telefonate berichten. Eine Nüchternheit die ich wie immer brauchte, um nicht völlig zusammenzubrechen. Heute morgen der Gang zum Arzt. Sofort die Überweisung zum Therapeuten. Ich will nicht mehr kämpfen müssen, ich will mich nicht mehr allein stark reden müssen. Ich weiß, dass das Leben gut ist, das es schön ist, dass es lebenswert ist. Das morgen die Sonne scheint. Dass ich die frische Luft genieße und dass ich morgen nicht arbeiten muss. ICh weiß, dass mir die bester Hühnerbrühe meines Lebens geglückt ist, aber viel mehr weiß ich gerade nicht.
Mein Körper schmerzt und schreit, als wäre ich von einem Auto überfahren worden. Immer wieder fühle ich die Schockzustände der letzten Tage. Mein Bauch und Herz schreien nach Meer, würden am liebsten die Koffer packen und verschwinden. Aber ich weiß, dass ich egal wo ich bin, immer alles mitnehmen werde. Deswegen keine Flucht, hier geblieben, hin geschaut, wahrgenommen und zum 20ten Mal geschrien und geweint. Irgendwann wird's schon wieder aufhören.
Ich weiß nur, dass ich keinen Kontakt mehr will, solange meine Mutter keine Therapie annimmt. Ja und auch ich knüpfe dann meine Liebe an Bedingungen. Aber das muss ich tun, ansonsten ende ich nämlich ganz genauso. ich werde meine Schwester begleiten, die im Sommer ihr Kind zur Welt bringen wird. ICh werde meinen Vater wohl einmal öfter hören und sehen, ohne Druck und Zwang. Es geht uns allen schlecht und doch so viel besser, als vorher. Zumindest mag ich das glauben.

Aber weil ich ja weiß, dass ich eh nichts weiß, versuche ich nun achtsam und Stück für STück meine Familiengeschichte aufzudröseln, sie hinter mir zu lassen und meinem LEben weiter Sinn einzuhauchen. Die Coaching-Ausbildung ist das erste was ich aussortiert hab. Erstmal Zeit ins Land gehen lassen und diese harten Brocken verdauen.
Und wenn ich noch 50 Abende sitze und heule. Irgendwann versiegen auch diese Tränen. Ich kann nur weiter, ich kann nur wachsen.

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